Mit der Verdrängungszucht findet eine Umzüchtung der ursprünglichen Rasse statt, die sogar zu einer Veränderung des gesamten Rassestandards führen kann. In dieser Zuchtmethode werden nicht erwünschte Eigenschaften der Rasse, wie zum Beispiel Schwarmtrieb oder Brutträgheit durch gleichartige positive Eigenschaften einer anderen Bienenrasse ersetzt und somit aus dem zukünftigen, genetischen Material verdrängt. Die Einkreuzung einer anderen Biene und somit die aktive Unterbrechung der fortwährenden Reinzucht soll der weiteren Ausbildung und Festigung des Rassefehlers entgegenwirken. Die ursprüngliche Rasse wird bewusst durch zusätzliches genetisches Material anderer Bienenrassen ergänzt, aber nur die gewünschte Eigenschaft in den nachfolgenden Populationen herausgezüchtet. Die Einkreuzung der positiven Eigenschaften findet in regelmäßigen Abständen bzw. in jeder Königinnengeneration statt, für die Paarung sollte zur Gewährleistung der Zuchtstoffverwendung vorzugweise eine künstliche Besamung genutzt werden. Die Verdrängungszucht auf einem Bienenstand über Standbegattung kann nur bei einer Drohnenhoheit im Paarungsumkreis gelingen, wird sich aber durch die Vielfallt des genetischen Materials über Jahre hinziehen, sofern sie denn überhaupt gelingt.
In jeder entstehenden Generation von Königinnen muss eine anschließende Selektion des neuen Zuchtmaterials stattfinden. Nicht zuletzt ist das Selektieren der gewünschten Eigenschaften aus der Fülle der jungen Königinnen ein Hauptgarant für den Erfolg der Verdrängungszucht. Nur von Königinnen mit einer messbaren und nachvollziehbaren Einzüchtung, sowie dem Erhalt aller anderen rassetypischen Eigenschaften darf erneut eine Nachzucht stattfinden, bis sich die neue Eigenschaft etabliert und bei jeder folgenden Generation in einem Großteil der Nachkommen verfestigt hat. Alle Nachkommen (F2) die weiterhin mit Fehlern der ungewünschten genetischen Eigenschaft entstehen, sollten ausgemerzt werden um eine weitere, wenn oftmals auch zufällige Verpaarung zu verhindern.
Zeitraum der Verdrängungszucht
Die Verdrängungszucht ist abgeschlossen, wenn alle Nachkommen die gewünschte Eigenschaft besitzen. Erst dann darf eine Fortführung der Reinzucht stattfinden. Der Zeitrahmen liegt immer über mehrere Generationen, wie viele es tatsächlich sein werden bzw. ein Zuchterfolg überhaupt eintritt, liegt zum einen an der Vorkommensrate des gewünschten Gens in der eingekreuzten Rasse, zum anderen aber auch, ob dieses Gen von der ursprünglichen Rasse angenommen wird. Tendenziell ist eine Verdrängungszucht immer sehr zeitintensiv. Hierbei werden zwei Arten der Verdrängungszucht unterschieden: beim sogenannten Upgrading werden genetische Bestandteile von weit mehr als 10% Immigrationsrate in die ursprüngliche Rasse eingekreuzt. Im Upgrading kann es aber schnell zu einer Vermischung beider Rassen kommen und eine Differenzierung der ursprünglichen Reinrassigkeit nicht mehr stattfinden, sofern nicht explizit und exakt selektiert wird. Trotzdem werden die Erfolge oder Misserfolge in dieser Verfahrensweise schnell und innerhalb weniger Generationen ersichtlich. Eine andere Verfahrensweise ist die Veredelungszüchtung mit einer Immigrationsrate von weniger als 10%. Die Festigung des über Generationen einzubringenden Gens dauert wesentlich länger, der Vorteil ist aber, dass die ursprünglichen Eigenschaften der Reinrasse besser erhalten bleiben und somit eine spätere Fortführung möglich ist. Ein Misserfolg der Einkreuzung ist aber erst wesentlich später zu bemerken und kann unter Umständen die gesamte Linie irreparabel unbrauchbar machen.
Vatertiere mit gewünschten Eigenschaften
Ursprung der neuen Eigenschaften der einzukreuzenden Rasse sind in den meisten Fällen die Vatertiere, welche mit den reinrassigen Königinnen der Ursprungsrasse verpaart werden. Die Zuführung des gewünschten genetischen Materials muss über mehrere Generationen kontinuierlich erfolgen und sollte nur aus Völkern stammen, die ebenfalls eindeutig die gewünschten Eigenschaften der einzukreuzenden Rasse besitzen, andernfalls wird die Verdrängungszüchtung nicht zu einem langfristigen Erfolg führen. Verwendete Bienenvölker sollten sich den örtlichen Gegebenheiten bereits angepasst haben, die Verwendung von Bienenrassen, welche mit vorherrschenden klimatischen oder vegetativen Bedingungen nicht zu Recht kommen, haben auch in den nachfolgenden Generationen oftmals erhebliche Probleme mit der Anpassung.
Ebenfalls möglich ist in der Verdrängungszucht die Selektion und Verpaarung ausgewählter Bienen über das Verfahren der Inzucht. Hierbei werden die Vatertiere aus Völkern gleicher Linie mit einer deutlichen Ausprägung des gewünschten Kriteriums ausgewählt und mit Rasseköniginnen verpaart. Eine zu enge Fassung der möglichen Bienenvölker kann aber bereits nach wenigen Generationen zu Problemen der genetischen Vielfalt und somit zu Inzuchterscheinungen führen.