Interview mit dem Anbauverband Gäa e.V.

Im aktuellen Interview sprechen wir mit Claudia Clemens vom Gäa e.V., einem bisweilen mit 342 Mitgliedern noch kleinen Anbauverband, der insbesondere in der ökologischen Bienenhaltung neue Maßstäbe setzen möchte. Gäa ist ein Zusammenschluss von Landwirten, Erzeugern und Verarbeitern im Öko-Bereich, der seine Mitglieder überwiegend in den neuen Bundesländern hat.

Logo Gäa e.V. | Quelle: Gäa e.V. / gaea.de
Der Gäa e.V. betreibt ein eigenes Imker Portal welches ökologische Bauern mit unbelasteten Flächen und Imker in ökologischer Bienenhaltung zusammenbringt.Logo Gäa e.V. | Quelle: Gäa e.V. / gaea.de

Hallo Frau Clemens, stellen Sie doch bitte den Gäa e.V. und dessen Ziele kurz vor.

Die Gäa (griechisch: Erdenmutter) ist ein 1989 aus der oppositionellen kirchlichen Umweltbewegung in Dresden gegründeter ökologischer Anbauverband. Gäa berät und zertifiziert heute bundesweit. Mit der Akkreditierung durch die Ifoam (International Federation of Organic Agriculture Movements) besitzt Gäa eine doppelte Qualitätssicherung. Neben anderen Anerkennungen wie beispielsweise durch BioSuisse wird Gäa u.a. hierdurch dem eigenen hohen Qualitätsanspruch gerecht. Die Gäa-Richtlinien für Erzeugung und Verarbeitung orientieren sich an den höchsten Bio-Standards und sind in vielen Punkten konsequenter als die gesetzlichen Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung. Für Gäa ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ihr Zertifizierungssystem einer transparenten Darstellung unterliegt. Auf der Gäa-Webseite wird eine stets aktuelle Liste der Gäa-zertifizierten Vertragsbetriebe veröffentlicht.
Ziel der Gäa ist es die ökologische Wirtschaftsweise auszubauen. Dazu gehört sowohl deren Interessen in der Politik zu vertreten, als auch den Landwirtinnen und Landwirten Zugang zu Fachwissen und Beratung zu verschaffen.

Der Verein versucht mit der „Bienenplattform“ Imker und Landwirte besser zu verbinden, seit wann betreiben Sie dieses Projekt und welche Erfolge konnten bereits verbucht werden?

Die Plattform existiert seit 2011, insofern wir Feedback erhalten sind bereits „Kooperationen“ zu Stande gekommen, die auch – dass ist ja der Mehrwert – jeweils regional waren

Mittlerweile existieren einige Anbauverbände in Deutschland, welche Vorteile und Mehrwerte bietet der Gäa e.V. seinen Mitgliedern?

Der Qualitätsstandart ist vergleichbar mit denen der anderen Anbauverbände wie bspw. Bioland. Dies liegt zum einen in der Konsequenz der Richtlinien begründet zum anderen in der Umsetzung und Dokumentation des Zertifizierungsprozesses.

Ich denke, was Gäa darüber hinaus auszeichnet, ist seine kleine Struktur. Diese lässt mehr Raum für thematische Mitgestaltung des Einzelnen zu. Die Verbandsmitgliedschaft eröffnet eine gute Integration in regionale Netzwerke, innerhalb von Regionalgruppen können verbandspolitische aber auch fachspezifische Themen bearbeitet und debattiert werden. Auch die Einbindung in die Kommunikationsnetzwerke der Gäa ist ein Zugewinn für die Mitglieder. Auf Gäa-Seminaren oder bei den Regionalgruppentreffen kann die Devise „von Bauern für Bauern“ neben der wissenschaftlichen Forschungsvermittlung gelebt werden. Über den Mehrwert für das einzelne Mitglied hinaus, gibt Gäa Impulse für gesellschaftlichen Mehrwert. Dieser wird natürlich durch die Unterstützung regionaler Strukturen geschaffen, aber auch durch die Förderung im Bereich Naturschutz. Seit Anbeginn ist Naturschutz in den Gäa-Richtlinien verankert und die Flächen bzw. Elemente zur Förderung von Artenvielfalt werden jährlich bei den Kontrollen erfasst.

Auf Ebene der Europäischen Union existiert die EG-Öko-Verordnung als Maßstab für ökologische Landwirtschaft, in welchen Punkten geht Gäa mit diesen überein und an welchen die Anforderungen des Verein erkennbar ab?

Im Vergleich zu den EG-Öko-Verordnungen nimmt Gäa die geforderten Anforderungen auf und verschärft diese in vielen Bereichen um den Verbrauchern aber auch Produzenten Sicherheit und einen Mehrwert zu bieten. Beispielsweise ist nach EG Öko-Verordnung eine Teilumstellung des Betriebs möglich. Gäa geht hier einen Schritt weiter und verlangt von seinen Mitgliedern ausschließlich eine Gesamtbetriebsumstellung, dies bedeutet dass alle Flächen und alle zum Betrieb gehörenden Tiere richtliniengemäß bewirtschaftet bzw. gehalten werden müssen.

Weiterhin sind die Auflagen zum Natur- und Umweltschutz seit Beginn der Gäa-Richtlinien ein wesentlicher Bestandteil. Gäa Richtlinien lassen zudem keine Verwendung von PVC haltigen Betriebsmittel zu. Für die Bienenhaltung gilt, dass ein Parallelbetrieb von ökologisch bewirtschafteten Bienen und konventioneller Bienenhaltung zum Beispiel zum Zweck der Obstplantagen-Bestäubung von industriell bewirtschafteten Obstanbaugebieten mit weiten Wanderwegen ausgeschlossen ist.

Viele Imkereien stellen allmählich auf eine ökologische Betriebsweise um, wie läuft eine Zertifizierung gemeinsam mit dem Gäa e.V. ab?

Der Bereich ist bis auf geringere Beitragskosten hinsichtlich Zertifizierungsverfahren mit den anderen Bereich identisch. D.h. Wahl einer Kontrollstelle, Beauftragung der Kontrollstelle durch Gäa, diese kontrollieren jährlich nach Gäa-Richtlinien. Nach Prüfung der Kontrollunterlagen wird das Gäa-Zertifikates mit einem Jahr Gültigkeit ausgestellt. Nach einem Jahr erfolgt wieder ein Nachprüfung, in welcher der Imker die Einhaltung der Gäa Richtlinien nachweisen muss.

Der Gäa e.V. gehört in Deutschland noch zu den kleineren Anbauverbänden, wie sieht die zukünftige Ausrichtung des Vereins im speziellen für Imker aus?

Durch die Sensibilisierung sicher auch die „Verjüngung“ der Imker- Gilde ist ein steigendes Interesse an der ökologischen Bewirtschaftung zu verbuchen, ebenso wächst die Erkenntnis über die Indikatoren für die Schwächung der Biene bzw. Bestäubungsinsekten. So dass auch konventionelle Imker an unbelasteten Flächen interessiert sind. Wir als Verband haben aus diesem Grund mit der Bienenplattform ein unterstützendes Instrument geschaffen. Außerdem haben wir einen Berater zum Thema Imkerei. Desgleichen haben wir Ansprechpartner aus der Praxis, die mit eigenen Erfahrungen zur Seite stehen. Bei Imkerveranstaltungen sind wir – sowie es umsetzbar ist – zu Themen der ökologischen Erzeugung oder auch Agro-Gentechnik als Referenten bzw. Ansprechpartner präsent. Das Bienenthema hat demzufolge einerseits auf der Profilsuche innerhalb der Gäa an Präsenz gewonnen, aber auch aus dem alarmierenden Zustand der Bienengesundheit heraus.

Zertifizierungen nach Ökorichtlinien sind in der Regel mit nicht unerheblichen Investitionen verbunden, wie unterstützt der Verein seine Mitglieder bei der besseren Vermarktung der Bienenerzeugnisse und des geernteten Honigs nach der erfolgreichen Zertifizierung?

Wir vermitteln Vermarktungspartner in der Region. Häufig sind die Imker aber gut in der regionalen Struktur (Hofläden der Direktvermarkter) integriert. Die Zertifizierung nach Gäa Richtlinien stellt einen Mehrwert für den Verbraucher dar, sodass der Imker seine entstandenen Mehrkosten sehr einfach mit Anhebung der Verkaufspreise rechtfertigen kann. Die Konsumenten sind mittlerweile bereit für ein Produkt, hergestellt nach Qualitätsrichtlinien und ökologischer Bewirtschaftung einen angemessenen Preis zu bezahlen.

Einige Anbauverbände bieten sogenannte Gruppenzertifizierung auch für kleinere Imkergemeinschaften an, wie sieht der Verein diese Zertifizierungen bzw. sind entsprechende auch beim Gäa e.V. geplant?

Wir bieten diese nicht an, sind dafür auch von Ifoam gar nicht akkreditiert. Es ist bisher allerdings hierfür auch kein Bedarf an Gäa heran getragen wurden. Eine Gruppenzertifizierung betrachtet in der Regel nicht jeden einzelnen Imker, was wir eher problematisch sehen.

In der Landwirtschaft etablieren sich zunehmend zwei Lager, jener der Genbauern und zum anderen die der ökologischen Landwirte. Welche Gefahr sieht der Verein für den Verbraucher und die bestäubenden Bienen durch den zunehmenden Anbau genmanipulierter Erzeugnisse?

Als Ökoanbauverband ist die Position in erster Linie klar – deutliches Nein zu allen Risikotechnologien.

Die Frage zielt aber auf zwei Zielgruppen:
Bei den Verbrauchern ist Aufklärung notwendig, es ist lediglich eine diffuse Sorge, die die meisten abschrecken lässt. Dies ist oft kaum mit Hintergrundwissen über Folgen und daraus entstehenden Risiken für Mensch und Natur untermauert. Desweiteren ist aus meiner Sicht die Infoarbeit bei jungen Menschen notwendig, die jüngeren Generationen werden im schulischen Bildungssystem und später im universitären Bereich mit einer eher Prohaltung bzw. von der Notwendigkeit des Einsatzes GVO überzeugt. Hier ist die Unterstützung einer kritischen Auseinandersetzung umso wichtiger, um beide Bereiche, sowohl Pro als auch Kontra herausstellen und objektiv bewerten zu können. Deshalb ist dieses Thema auf Verbraucherveranstaltungen, die wir mit unterstützen oder auf Hoffesten unserer Mitglieder immer mit präsent.

Die zweite Zielgruppe sind die Bienen. Auch wenn hier im Inland derzeit sicher der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat , deren Netzmitteln bzw. die Gruppe um die Neonicotinoide die größte Herausforderunge für Bienen darstellt, muss auch über das Thema GVO in Verbindung mit Imkerei diskutiert und geforscht werden. Gentechnisch veränderte Organismen sind in Bezug auf Bienen immer wieder in der wissenschaftlichen Diskussion (nach dem Motto ist doch alles gar nicht so schlimm), hier ist es zielführend, sich gar nicht in einen „statistischen“ Frontenkampf einzulassen, sondern die Kausalkette aufzuzeigen. Zu den nichtgeklärten Auswirkungen von bspw. Bt-Konstrukten auf Nichtzielorganismen und in der Praxis ansteigenden Herbizidbedarf bei den auf Toleranzveränderten Pflanzen, werden mit der Ausweitung GVO´s Monokulturen forciert, die unweigerlich zum saisonalen Hunger der Bienen und damit deren Schwächung führen.
Argumentationslinie ist demnach: Versteht Mensch die Abhängigkeit seiner Nahrungserzeugung von bestäubenden Insekte, muss er die Bienen schützen und ihnen eine Lebensgrundlage bieten- d.h. auch Verzicht von GVO.

Vielen Dank für das Interview. Zum Schluss noch eine Frage für die interessierten Imker die sich gerne zertifizieren lassen wollen. Welche Voraussetzungen können diese bereits vor der beginnenden Zertifizierung schaffen, um zeitnahe eine Imkerei nach ökologischer Betriebsweise zu werden?

Die Beuten müssen aus natürlichen Materialien wie Holz, Stroh oder Lehm bestehen. Ausgenommen hiervon sind die Kleinteile, Dachabdeckungen, Gitterböden, Fütterungseinrichtungen und Isolierung. Als Klebstoffe sind schadstofffreie Leime und Anstrichstoffe (z.B. Naturfarben auf Leinöl- oder Holzölbasis) zu verwenden.
Eine Innenbehandlung der Beuten ist außer mit Bienenwachs, Propolis und Pflanzenölen nicht erlaubt. Die Reinigung und Desinfektion, ist nur mit Hitze (Flamme, Heißwasser) oder mechanisch vorzunehmen.

Der Zukauf von Bienenvölkern und Königinnen ist aus zertifizierten Gäa-Betrieben oder aus Betrieben einer von der Gäa e.V. anerkannten Organisation; wenn dies nachweislich nicht umsetzbar ist auch der Zukauf von Betrieben, die gemäß EU-VO wirtschaften, gestattet.
Ist dieses ebenfalls nicht möglich, können jährlich 10% der bestehenden Völker durch Bienenvölker aus nicht ökologischen Imkereien ersetzt bzw. ergänzt werden. Die Nutzung des Gäa-Warenzeichens ist für Bienenprodukte aus diesen Völkern dann aber frühestens nach 1 Jahr möglich. Das Einfangen fremder konventioneller Schwärme ist gestattet, solange ihre Anzahl jährlich nicht 10% des im Betrieb vorhandenen Bestandes übersteigt. Diese Regelung gilt ebenfalls für den Zukauf von Zuchtköniginnen konventioneller Herkunft.

Kontaktadresse
Claudia Clemens
Gäa e.V. – Vereinigung ökologischer Landbau
Arndtstr. 11
01099 Dresden
Tel.: +49 (0) 351 / 466 77 99 8
Gäa e.V. – Betriebszweig Imkerei

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