Der Mythos der Varroa Reinvasion wird von vielen als Aberglaube oder Imkerlatein abgetan. Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass vollständig im Spätsommer entmilbte Völker bis zur Einwinterung wieder einen gewissen natürlichen Milbenfall besitzen. Um optimale Behandlungsergebnisse zu erzielen, sollten die eigenen Maßnahmen mit denen der imkerlichen Kollegen im näheren Umkreis koordiniert werden, damit räubernde oder sich verfliegende Bienen nicht für eine massive Reinvasion sorgen. Der Zeitpunkt für eine Behandlung mit natürlichen Säuren liegt unmittelbar nach der Abschleuderung der letzten Honigernte und kann im örtlichen Imkerverein mit den Vereinskollegen abgesprochen und koordiniert werden. Im Umkreis von circa 2 Kilometern ist die Gefahr wiedereindringender Milben von Fremdvölkern am größten. Beobachtungen haben gezeigt, dass täglich mehrere dutzend fremde Bienen in einem Volk ein- und ausfliegen, bzw. eigene Bienen des Volkes zu anderen Völkern überwandern. Dies ist abhängig von der vorherrschenden Bienendicht im Umkreis des eigenen Stands, das Maß der Reinvasion ist zudem gekoppelt vom Befallsgrad der Fremdvölker, bzw. von den Behandlungsmaßnahmen des Imkerkollegen. Die überlaufenden Bienen betteln sich meist mit Nektarproben oder mitgebrachten Honigvorräten am Flugloch der sanierten Völker ein.
Milben sitzen nicht nur in den Brutzellen oder auf den Waben des Bienenstocks, je ausufernder die Belastung durch Milben ist, umso mehr Symptome zeigen sich. In stark belasteten Völkern sitzen zuweilen bis zu 3 Milben im Fell einer Honigbiene fest. Dabei klammern sich die Tierchen mit ihren 6 Beinen fest an die Biene und können somit auch ausgedehnte Sammelflüge problemlos überstehen. Eigentlich fliegen Varroamilben nicht sehr gerne mit den Bienen aus, sondern vermehren sich viel lieber in den Brutzellen, in überschwänglichen Populationen versuchen sie aber auf diesem Wege andere Wirtsvölker zu finden.
Reinvasion durch Räuberei
Es kann auch den Räuber treffen, wenn dieser von seinem Beutezug in fremden Völkern neben Honig- und Futtervorräten ebenfalls Milben mit im Gepäck hat. Ausgangspunkt einer Räuberei sind meist schwache Völker, die ihr zu groß gewähltes Flugloch nicht verteidigen können und von eindringenden Bienenscharren überrannt werden. Eine Hauptursache für derart desolat geführte Bienenvölker sind vielfach mangelnde Pflege und die Vernachlässigung der stetigen Varroabekämpfung. Geschwächt durch eine übermäßig angewachsene Milbenpopulation sind diese Völker ein oft gewähltes und leicht zu überwältigendes Ziel anderer Wirtschaftsvölker. Von solch unbehandelten Bienenständen geht die größte Gefahr der Reinvasion mit Milben aus, denn einer aufkommenden Räuberei durch das eigene Volk kann durch imkerliche Eingriffe nicht entgegengewirkt werden. Auch eine Schuldzuweisung an den Imker mit starken und sanierten Völkern kann nicht getroffen werden, denn jeder Imker ist für seine Völker und deren Wohlergehen selbst verantwortlich.
Insbesondere in den Monaten von Mitte Juli bis Ende September besteht die größte Gefahr einer Reinvasion durch Milben fremder Populationen, denn in dieser Zeit ist die Gefahr einer aufkommenden Räuberei am größten. Zwar ist die Behandlung der Milbe für alle Imker durch die Bienenseuchenverordnung vorgeschrieben, in dieser findet sich aber kein definierter Termin oder ein vorgeschriebenes Behandlungskonzept. Im Interesse aller ansässigen Imker eines Gebiets sollte aber ein entsprechendes Konzept für den Umkreis bzw. Imkerverein erarbeitet und für alle umliegenden Imker verbindlich festgeschrieben werden. Gerade die Wahl des Zeitpunktes und der eingesetzten Mittel ist ein Garant für ein erfolgversprechendes Vorgehen gegen die Milbe. Eine im Umkreis zeitgleich durchgeführte Langzeitbehandlung mit Ameisensäure über mindestens 7 Tage sollte in der Regel alle Bienen umfassend behandeln und eine Reinvasion erschweren. Ziel ist es, für jedes Volk die Population der Milbe auf ein Maß zu reduzieren, welches für das Bienenvolk nicht als schädlich erachtet wird.
Eine weitere oft unterschätze Gefahr, derer kaum entgegen gewirkt werden kann, sind herrenlose Schwärme bzw. die sich daraus entwickelnden Bienenvölker. Diese Bienen beherbergen aufgrund der fehlenden Pflegemaßnahmen extrem viele Milben in der Brut und an den Bienen. Die explosionsartige Vermehrung von Milben in unbehandelten Völkern ist auch der Grund, weshalb diese „wilden“ Bienen meist nur 3 Jahre in der Wildnis überleben können und dann zur Grunde gehen. Gegen diese potenzielle Gefahr gibt es keine Maßnahme, außer die wilden Völker ausfindig zu machen, in eine Beute einzuschlagen und unmittelbar zu behandeln.