Interview mit dem Anbauverband Demeter / Michael Weiler

In der Interviewserie ökologische Anbauverbände führen wir im zweiten Artikel ein Interview mit dem Demeter e.V. und dessen Ansprechpartner für den Betriebszweig „Imkerei“ Michael Weiler. Herr Weiler ist Agraringenieur und selbst Imker, somit auch fachlich bestens geeignet interessierte Imkerkollegen mit Rat und Tat vor, während und nach der Zertifizierung nach Demeter Richtlinien zu beraten.

Demeter | Quelle: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de | Demeter Logo
Demeter gehört zu den führenden Anbauverbänden der ökologischen Betriebsweisen in der Landwirtschaft und setzt sich auch verstärkt für den Sektor Bienenhaltung ein.Demeter | Quelle: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de | Demeter Logo

Demeter setzt in seinen Richtlinien auf eine natürliche Bienenhaltung, ausschließlich mit Vermehrung über den Schwarmtrieb und die Einwinterung größtenteils über die eigenen Honigressourcen der Bienen. Wie lassen sich diese Anforderungen mit einer wirtschaftlich orientierten Imkerei vereinbaren?

Demeter-Imker arbeiten in der Regel mit einem großen Brutraum und darin großen Brutraumwaben (z.B. Dadant oder ähnliche Flächenverhältnisse) und sofern mit Magazinbeuten geimkert wird, mit Flachzargen als Honigräumen. Die Brutraumwaben werden nicht geerntet; dadurch verbleibt zuverlässig ein gewisser Honigvorrat in den Völkern von dem in den Wintermonaten gezehrt werden kann. Muss für eine sichere Überwinterung eine Ergänzungsfütterung vorgenommen werden, muss zur Zuckermenge für die Futterlösung eine definierte Honigmenge, i.d.R. 10% Demeter-Honig aus der eigenen Imkerei zum eingesetzten Bio-Zucker beigemischt gegeben werden. Eine professionelle Führung der Bienenvölker bei Optimierung der Gesamtimkerei ermöglichen dem Imker dabei in den meisten Jahren Erträge mit ökonomisch ausgeglichenen Verhältnissen. Da die meisten Demeter-Imkereien keine Hobby-Imkereien sind (durchschnittliche Völkerzahlen 50 und mehr) läßt sich auch daraus die Erwartung ableiten, dass die Imkereien wirtschaftlich geführt werden.

Der Verein empfiehlt seinen Imkern die Bienen auf biologisch bewirtschaftete Fläche zu verbringen, solche sind aber in einer industriell orientierten Landwirtschaft relativ rar. Welche Alternativen können Imker für einen ausreichend ergiebigen Honigertrag wählen?

Die Empfehlung beruht auch darauf, dass die Imker, welche ja meist keine Landwirte oder Gärtner sind, sich in einen sozialen Prozess begeben. Dieser wiederum soll den Landwirten, die heute meist keine Bienen mehr halten (können), ermöglichen, dass auf ihren Betrieben Bienen stehen können. Für jede Landwirtschaft sind die Bienen existentiell gleich welche Agrarkulturen bewirtschaftet werden. Für die Demeter-Betriebe, die in ihrer Wirtschaftsweise in besonderer Art mit den Lebenskräften der Natur arbeiten, ist die Anwesenheit der Bienen besonders bedeutsam, da die Bienen eben gerade die Lebensprozesse in der Natur durch ihr Dasein und ihre Tätigkeit anregen.

Letztlich sind wir in Mitteleuropa in den meisten Regionen noch immer in der privilegierten Situation, dass die Landschaften eher klein strukturiert sind und dadurch für Insekten und auch Honigbienen meist immer noch ein ausreichendes (wenn auch nicht immer üppiges) Blütenangebot vorhanden ist. Jeder Imker ist aufgerufen, die Qualität seines Standortes sowohl darauf hin zu überprüfen, ob das Nahrungsangebot für seine Bienen dort ausreichend ist als auch ob die Umweltqualität das Leben der Bienen nicht zu sehr beeinträchtigt. Letztlich entscheidet sich am Honigertrag (Ökonomie der Imkerei) und an der Vitalität der Völker, ob ein Standort dem Genüge tut – nebenbei können natürlich auch die Bienenprodukte auf Belastungen überprüft werden.

Die Vorgaben in den Demeter-Richtlinien gehören zu den strengsten unter den Anbauverbänden, der zusätzliche Zeit- und Materialaufwand sorgt für steigende Kosten bei der Bewirtschaftung der Bienen. Welche Möglichkeiten für eine Refinanzierung der zusätzlichen Ausgaben ergeben sich für den Imker durch die Biozertifizierung?

Ob der Materialaufwand in einer Demeter-Imkerei höher ist, als in eine konventionelle, wäre gesondert zu untersuchen. Eher scheint die Erwartung gerechtfertigt, dass er niedriger ist, da der Demeter-Imker auf manche Ausstattung (z.B. für Königinnenzucht) und viel Material (z.B. für Mittelwände) verzichten kann. In der Vermarktung der Bienenprodukte ergeben sich dann allerdings auch bessere Preise, die sowohl den Verzicht auf den Massenertrag ausgleichen als auch zusätzliche Aufwendungen, z.B. für die jährliche Kontrolle und Zertifizierung decken.

Inzwischen gibt es eine Hand voll anderer Bioverbände, die eine Zertifizierung nach biologisch-ökologischen Richtlinien über die geltende EG-Öko-Verordnung hinaus anbieten. Welche Vorteile bietet der Demeter e.V. seinen Mitgliedern gegenüber den anderen Anbauverbänden?

Die Marke Demeter genießt bei den Verbrauchern die höchste Glaubwürdigkeit. Bienenprodukte aus zertifizierter Demeter-Bienenhaltung sind im Naturkostmarkt außerordentlich gefragt. Daraus resultiert für den Demeter-Imker eine sehr gute Basis für die Vermarktung seiner Erzeugnisse zu einem angemessenen Preis. Durch die regionale Struktur der Demeter-Landesverbände gibt es meist ein regionales Netzwerk für Kontakte und Beratung, in dem sich auch die regionale Imkergruppe gut organisieren läßt. Das jährliche Treffen der Bundesfachgruppe Demeter-Bienenhaltung bietet den Demeter-Imkern regelmäßig Begegnung und Fortbildung auf hohem inhaltlichem und persönlichem Niveau. Die Homepage des Demeter e.V. bietet darüber hinaus den Imkern eine sehr fortschrittliche Plattform zur Selbstdarstellung ihrer Leistung.

Das „Netzwerk blühende Landschaften“ versucht mit finanzieller Unterstützung aus dem Honigverkauf natürliche Bienenweiden zu schaffen, wie unterstützt der Demeter e.V. und dessen Mitglieder diese Projekte?

Viele Demeter-Imker sind Mitglied im Netzwerk und unterstützen jeweils vor Ort aktiv die Maßnahmen – nicht zuletzt sei darauf verwiesen, dass viele der Aktivitäten von Mellifera e.V. bzw. im Norden vom De Immen e.V. von Demeter-Imkern angeregt oder gar ins Leben gerufen wurden.

Vielen Dank für das Interview. Zum Schluss noch eine Frage für die interessierten Imker die sich gerne zertifizieren lassen wollen. Welche Voraussetzungen müssen diese mitbringen und wie läuft der Zertifizierungsprozess mit Demeter ab?

Voraussetzung für eine Demeter-Zertifizierung ist eine Zertifizierung der Imkerei nach den Richtlinien und Vorschriften der EU-Verordnung für Ökologischen Landbau in Bezug auf Imkerei. Liegt diese Zertifizierung vor, kann der Imker in den Umstellungsprozess in die Demeter-Imkerei eintreten. Hier ist insbesondere zu entwickeln, dass die Völker im Brutraum ausschließlich auf Naturbauwaben leben, dass die Waben in den Honigräumen entweder aus Naturbau bestehen oder, falls Mittelwände zum Einsatz kommen, diese aus Naturbau oder Entdeckelungswachs gefertigt werden (kein Wachskreislauf in der Demeter-Imkerei!). Zusätzlich müssen als wesentliche Grundlage einer bienengemäßen Imkerei alle Maßnahmen der Vermehrung, der Bestandsverjüngung, der Zucht und der Selektion über den Schwarmprozess der Bienenvölker stattfinden. Eine Königinnenzucht über Umlarven und Brutableger ist nicht gestattet, auch das spätere Beschneiden der Flügel nach dem Begattungsflug der Königin ist ebenfalls nicht erlaubt und würde einer wesensgemäßen Bienenhaltung nicht entsprechen. Für die Umstellung auf Demeter-Bienenhaltung ist normalerweise eine Zeit von maximal drei Jahren vorgesehen.

Kontaktadresse
Michael Weiler
(Dipl.Ing.agr., Imker)
Fachberatung für Demeter-Bienenhaltung und ökologisch orientierte Imkerei

Frontalstraße 4
75392 Deckenpfronn

Tel.: +49 (0) 70 56 – 9 65 65 83
imkerberatung@demeter.de

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